Autor: Markus Frutig | Geschäftsführer Inoveris // Sandro Cortesi, geschäftsführender Gesellschafter Latty Dichtungstechnik AG

«Der Treffpunkt, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben!»

An der «PUMPS & VALVES Zürich», der Fachmesse für industrielle Pumpen, Armaturen und Prozesse in Zürich zeigen vom 17. und 18. November 2021 führende Unternehmen bereits zum dritten Mal ihre Innovationen, Trends und branchenspezifischen Lösungen und zentrale Komponenten der industriellen Prozesstechnik. Hierbei stehen die Themen Pumpensysteme, Ventile, Antriebstechnik, Industrie-Armaturen, Anlagentechnik, Dichtungen, Dichtungssysteme, Filter, Filtersysteme und Rohrleitungen im Fokus. Im Roundtable Interview mit Sandro Cortesi, geschäftsführender Gesellschafter der Latty Dichtungstechnik AG, werden aktuelle Trends und Erfahrungen aufgezeigt und wie sein Unternehmen damit neue Dienstleistungen realisiert.

Herr Cortesi, was ist die aktuell grösste Herausforderung in der Krise und wie meistern Sie dies?

Sandro Cortesi: Die Schwankungen des Marktes und die extrem hohe Flexibilität, welche von unseren Kunden gefordert wird. Wir versuchen diesen Bedürfnissen mit hoher Lieferbereitschaft und Kundennähe entgegenzuwirken.

Wo steht die Branche aktuell?

Die Branche hat die aktuelle Situation nach meiner Ansicht gut gemeistert. Alle Unternehmen mussten während der letzten Monate in Teilbereichen Rückgänge hinnehmen. Die Investitionen auf dem Markt wurden weitestgehend zurückgefahren oder kurzzeitig auf Eis gelegt. Dies spüren vor allem Unternehmen, welche einen hohen Kundenanteil von OEM (Originalausrüstungshersteller) aufweisen. 

Welche Perspektiven und Unternehmens-Ziele haben Sie für 2021?

Für das Geschäftsjahr 2021 und unser damit verbundenes 40-jähriges Jubiläum erwarten wir ein leichtes Wachstum zum Vorjahr. Um zukünftig noch konkurrenzfähiger zu werden, wird im nächsten Jahr viel in die Infrastruktur investiert.

Thema «Digitalisierung»: Wie sieht es in Ihrem Unternehmen konkret aus?

In den letzten fünf Jahren haben wir viel Geld und Zeit in die Digitalisierung investiert. Dies war aus meiner Ansicht auch notwendig. Viele Unternehmen, vor allem KMU haben diese Entwicklung verpasst. Cloud-Lösungen können ein Teil davon sein, sie gewähren uns international eine hohe Flexibilität und Sicherheit.

Welche Neuheiten, Trends und neue Technologien beschäftigen Ihr Unternehmen?

Wir stellen auf dem Markt allgemein fest, dass eine hohe Fluktuation zu mehr Ausfällen an den Produktionsstandorten führt. Ein präventiver Unterhalt ist aus meiner Sicht wünschenswert und erhöht die Produktionssicherheit. Digital vernetzte Überwachungssysteme können bei relevanten Produktionslinien zukünftig durchaus einen höheren Stellwert erhalten.

Welche Highlights präsentieren Sie an PUMPS & VALVES Zürich 2021?

Grundlegend präsentieren wir an der PUMPS & VALVES 2021 Zürich unsere fünf Produktlinien:

Gleitringdichtungen, Stopfbuchpackungen, Drehdurchführungen, Flachdichtungen, Spannwellen und natürlich diverse Anwendungsbeispiele dazu.
Als Highlight kann dabei sicherlich der «Guard-Tech 4.0» angesehen werden. Er soll unseren Kunden mehr Informationen über vorhandene Leckagen geben, um frühzeitig einen Austausch sicher zu stellen und grössere Schäden zu vermeiden.

Geht der Trend zu mehr Retrofit – also Reparatur statt Neuteil? Was bedeutet dies für den Neuteilverkauf bzw. die Lagerhaltung?

Wir stehen seit knapp 40 Jahren im Markt für Revisionen aller unserer Produkte und jener der Mitbewerber ein. Die Herstellung von vielen verschiedenen technischen  Produkte ist aufwändig, was eine solide Basis für mehr Retrofit bietet. So erhöht sich das Knowhow des Kunden und ausserdem minimiert dieses Vorgehen die Kosten im Unterhalt. Einen Trend stellen wir jedoch nicht fest. Diese Frage beurteilen die Unternehmen unterschiedlich. Ihre Entscheidung hat dann verschiedene Auswirkungen auf den Neuteilverkauf bzw. die Lagerhaltung.

Wie optimieren Sie die Lebensdauer der Anlagen und deren Prozesssicherheit?

Vor allem die Schulung und Unterstützung unserer Kunden bei der Montage gewährt und erhöht die Lebensdauer unserer technischen Produkte signifikant. Viele Problemstellungen im Bereich der Lebensdauer stehen im direkten Zusammenhang mit der Einbausituation. Dies erhöht schlussendlich auch unsere Wettbewerbsfähigkeit und minimiert den Termindruck.

Welche Herausforderungen stellen sich dadurch in Hinblick auf Produkt-Knowhow und Mitarbeiterschulung?

Die Herausforderungen bezüglich Know-how und Mitarbeiterschulung liegen auf der Hand. Wissen ist nur einfach nutzbar, wenn es in kurzer Zeit abrufbar wird. Daher dürfen Mitarbeiter sich nicht zu stark auf Wissensportale oder Datenbanken stützen. Es ist zwar wesentlich angenehmer einfach kurz mal etwas nachzuschauen, jedoch versuchen wir diesem Trend ein wenig entgegenzuwirken und nur wenig genutztes Wissen auf einer internen Datenbank abzulegen. Das wichtige Wissen muss noch immer in den Köpfen der Mitarbeiter sein.

Setzen Sie «Smart Services» oder «Smart Products» ein?

Wir setzten aktuell keine Smart Services oder Smart Products ein. Dies ist aus meiner Sicht die Aufgabe der Hersteller. Die einfachere Umsetzung liegt dabei beim Verkauf von Neuanlagen, ältere Anlagen umzurüsten ist sehr kostspielig und bringt oft nicht den erwünschten Mehrwert. Auf Wunsch unserer Kunden können wir aber auf ausgewählten Produkten solche Erweiterungen anbieten, wie z.B. mit unserem «Guard-Tech 4.0».

Vom Markt wird eine immer schnellere Reaktionszeit erwartet – wie schaffen Sie die effiziente und erfolgreiche Lösung?

Bei den internen Prozessen ist es wichtig, diese so einfach wie möglich zu halten. Es geschieht aus meiner Sicht zu oft, dass Unternehmen zu schnell wachsen oder den Prozess schlicht und einfach zu kompliziert und zu aufwändig gestalten. Geschieht das geforderte Wachstum nicht mehr aus eigener Kraft, dann werden andere Firmen oder Produkte aufgekauft, integriert oder einfach zusätzlich ins Portfolio übernommen. Aus meiner Sicht sollte die Produktpalette klein, sinnvoll und übersichtlich aufgebaut sein. Nur so werden die Schnittstellen minimiert und das Fachwissen gefördert, das doch stark nachgelassen hat.

Vernetzung mit Industrie, Wissenschaft, Anwendern und Bildungsinstitutionen sind Voraussetzungen für zukünftig erfolgreiche Strategien. Wie setzen Sie dies mit Ihrem Unternehmen um?

Die Vernetzung ist ein wichtiger Bestandteil unter uns Unternehmern oder Führungspersonen. Zukünftig wird dieser Aspekt mehr in den unternehmerischen Fokus gelangen. Dieses Netzwerk sollte jedoch gepflegt und regelmässig genutzt werden; Qualität vor Quantität! Nur mit Hilfe gemeinsamer Projekte und Erfolgserlebnisse kann man dieses Netzwerk auch gezielt nutzen. Als sehr fördernd erachte ich den Austausch über den Markt, Problemstellungen etc. Grundlage dabei ist jedoch immer eine Vertrauensbasis, da der Austausch sonst unrealistisch oder oberflächlich wird. Dies ist ausserhalb der Branche sicherlich einfacher zu gestalten.

Wie erzielen Sie eine erfolgreiche Personalgewinnung und -bindung?

Es gibt einige Bereiche, bei denen Fachpersonal aus der Branche oder einem Produktbereich zwingend sind. Ansonsten bilde ich lieber Fachpersonal selbst aus, um dieses an den gewünschten Punkt zu bringen, den ich mir als Unternehmer vorstelle. Wichtig dabei ist immer wieder die Einbindung des Vorwissens der individuellen Vorstellungen und Wünsche. Es ist aktuell nicht mehr selbstverständlich, dass Fachkräfte 15 bis 20 Jahre beim gleichen Arbeitgeber angestellt sind. Eine sehr traurige Entwicklung. «Hire and fire» wird aus meiner  Sicht zu viel gelebt – frei nach dem Motto: jeder Mitarbeiter ist ersetzbar. Eine erfolgreiche Personalgewinnung ist ein Mix zwischen dem vorhandenen Ausbildungsstand, dem Charakter sowie der Teamstruktur. Auch hier kann das Netzwerk entscheidende Inputs bringen.

Was bedeutet es für Ihr Unternehmen, ein starkes Netzwerk über die Branchen hinaus zu unterhalten und zu leben?

Ein Netzwerk zu unterhalten und zu leben ist ein interessanter Input. Die Pflege ist bei kleinen und mittleren Unternehmen schwieriger in die Zeitplanung zu integrieren als bei grösseren. Hinzu kommt, dass jeder von uns nicht nur Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Wir haben ein Privatleben mit Familie und Freunden, welches aus meiner Perspektive für jeden eine notwendige Energiequelle darstellt. Das Netzwerk wird gelebt, indem man authentisch ist. Ob das Netzwerk gross oder klein ist, spielt keine Rolle. Wenn die Gedankengänge und Philosophien ähnlich sind, pflegt man es auf beide Seiten gern. Dies muss das Ziel sein. Dieser Aspekt wird für jedes Unternehmen zukünftig an Bedeutung gewinnen und mit der Erfahrung auch grösser werden.

Wie gestalten Sie bzw. sollten wir alle die Messe der Zukunft gestalten?

In einer doch sehr digitalen Welt wird es sehr spannend sein zu erleben, wohin sich die Messen in Zukunft entwickeln. Der 2-Jahres Rhythmus der PUMPS & VALVES Zürich ist aus meiner Sicht ein Schlüssel zu dieser Entwicklung. Die Messe sollte dabei eine Fachmesse bleiben und Kunden anlocken, welche damit auch etwas anfangen können. Attraktive Aussteller und eine angemessene Grösse erhöhen das Interesse. Immer mehr Unternehmen werden zwischen Kosten und Nutzen abwägen. Es sollten daher weiterhin innovative Anreize für Aussteller geschaffen werden.

Warum sollte man als Fachbesucher unbedingt an die PUMPS & VALVES Zürich 2021 kommen und was begeisterte Sie schon 2019?

Aktuell erachte ich die Messe als den Treffpunkt, um in Bereich von Pumpen und Ventilen auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Dabei gefällt mir vor allem der 2-Jahres Rhythmus. Der Markt und die Branche in der Schweiz sind übersichtlich geblieben. Man kennt sich, wenn auch nicht immer persönlich. Es entstehen in diesen zwei Tagen interessante Fachgespräche, welche einem immer den Horizont erweitern können. Grundvoraussetzung dabei ist ein aktiver Fachbesuch, bei welchem die Besucher interessiert sind und Fragen stellen. Mich begeisterten vor allem auch die vielen Eindrücke, welche wir als Aussteller sammeln durften.

Jürgen Wirtz

Chefredakteur Schaltschrankbau

in Kooperation mit unserem Premium Medienpartner Schaltschrankbau

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